© Arto Hanciogullari und T. Tsekyi Thür

Keramische Erzeugnisse – eine Übersicht

Keramik ist ein Sammelbegriff für sehr viele Erzeugnisse, die sich sowohl in ihrer Zusammensetzung als auch in ihren künstlerischen und industriellen Einsatzgebieten mannigfaltig unterscheiden. Auch die Definitionen bestimmter keramischer Produkte haben sich im Laufe der Zeit zum Teil verändert, so dass es einem Laien ziemlich schwer fällt, sich im Dschungel vieler Begriffe, technischen Beschreibungen, historischen Entwicklungen, künstlerisch betätigten Einsatzgebieten zurecht zu finden.

Ich habe es daher vorgenommen, einen kurzen Exkurs in die Terminologie zu wagen, bevor ich die Beschreibung keramischer Erzeugnisse bei Petroleumlampen beginne, obwohl diese das eigentliche Ziel dieses Kapitels ist.

Keramik“ nennt man alle Produkte, die durch Brennen von anorganischen, tonhaltigen Mineralien und Erden bei hohen Temperaturen gewonnen werden. Je nach ihrer chemischen Zusammensetzung und je nach ihrer Brenntemperatur unterscheiden sich die hergestellten keramischen Produkte in ihrem Aussehen, in ihren Eigenschaften und dementsprechend auch in ihren Einsatzmöglichkeiten.

Ich bin kein Experte für Keramik. Mein Interesse daran ist primär erweckt durch die vielen Lampen in meiner Sammlung, die entweder ganz oder teilweise aus einem keramischen Material bestehen. Mit meiner Frau Maria Antonietta kam auch die Liebe zum Porzellan, was mich noch mehr veranlasste, mehr über diese Produkte und ihre Herstellung zu erfahren. Ich habe viele Fachbücher gewälzt, Wikipedia in deutscher und englischer Sprache zu Rate gezogen und das, was den Sammler von Petroleumlampen interessieren könnte, hier zusammengetragen. Es geht mir dabei nicht um alle keramischen Produkte mit ihren sehr verzweigten technischen Einsatzzwecken, sondern nur um die Arten, die zur Erzeugung von künstlerisch wertvollen Gebrauchsgegenständen (wozu auch die Petroleumlampen zählen) herangezogen wurden.

In diesem Kontext unterscheidet man zwischen zwei Hauptgruppen:

a) Keramisches Irdengut (Terrakotta, Majolika, Fayence, Steingut)
b) Keramisches Sinterzeug (Steinzeug, Weichporzellan, Hartporzellan)

 

Irdengut

Irdengut bezeichnet man diejenigen keramischen Produkte, die bei relativ niedrigen Temperaturen gebrannt werden und dadurch ihre Bestandteile entweder gar nicht oder nur teilweise sintern. Dadurch sind sie porös und wasserdurchlässig, aber vollkommen lichtundurchlässig. Sintern ist bei hohen Temperaturen eingeleitetes Verdichten der einzelnen Mineralienbestandteile, die mit zunehmender Sinterung alle Poren füllen. Das Ausmaß der Sinterung ist nicht nur von Temperatur, sondern auch von der Art der eingesetzten Mineralien und deren mengenmäßiger Verteilung untereinander abhängig. Zu Irdengut gehören Majoliken und Fayencen, Terrakotta und Steingut.

Majolika hat man geschichtlich diejenigen keramischen Waren bezeichnet, die zunächst von arabischen Händlern aus der Insel Mallorca nach Italien gebracht wurden (daher der Name; Majolica ist der altitalienische Name für Mallorca). In Italien haben Keramik-Produzenten insbesondere im 15. Und 16. Jahrhundert hochwertige, fein bemalte Majoliken hergestellt, die sehr begehrt waren. Majolika wird bei ca. 950-1040°C gebrannt und hat einen hellen, weißen bis hell-rot-braunen, porösen Scherben. Nach einem ersten Brennen bei niedriger Temperatur überzieht man das Majolika-Gefäß mit einer opakweißen Zinnglasur. Auf der getrockneten aber noch nicht gebrannten Glasur kann man das gewünschte Motiv farbig bemalen, wobei die Farben von der noch sehr porösen Glasurschicht seht gut aufgenommen werden. Erst danach erfolgt das finale Brennen, womit die Glasur und die darin enthaltenen Farben zu einer glänzenden Schicht mit leuchtenden Farben schmelzen. Erst mit dieser Glasurschicht wird ein Majolika-Gefäß wasserundurchlässig.

Fayence ist an sich identisch mit Majolika, da die Techniken der Herstellung, des Glasierens und der Bemalung sich sehr gleichen. Der Name leitet sich von der italienischen Stadt Faenza, dem zweiten berühmten Zentrum der Majolika-Herstellung neben Urbino. In Frankreich hat sich der Begriff faïence eingebürgert, da man wohl die begehrten Produkte zunächst aus Faenza in Italien bezogen hat.

Im ausgehenden 19. und am Anfang des 20. Jahrhunderts wurden diese beiden Begriffe für verschiedene Arten von glasierten Tonwaren angewendet, bei denen auch farbige Glasuren eingesetzt wurden. Es gibt sehr viele Petroleumlampen mit farbig glasierten und farbig bemalten Vasen, die durchweg als Majolika bezeichnet werden, ungeachtet deren Glasurart und farbiger Gestaltung. Nach meiner persönlichen Beobachtung werden jetzt Keramik-Gefäße, die eine ganz glatte, nicht reliefierte Oberfläche haben, überwiegend „Fayence“ genannt (insbesondere in Frankreich), wogegen die Keramiken, die eine reliefartig bearbeitete Oberfläche aufweisen, eher mit „Majolika“ tituliert werden (vorwiegend in deutschsprachigen Ländern; in Frankreich nennt man sie „barbotine“).
 
Terrakotta ist eigentlich unglasierte Tonware, die meistens bei niedrigen Temperaturen von 900-1000°C gebrannt wird und aufgrund der Eisenoxide, die in der Tonerde vorhanden sind, eine rötliche Farbe aufweist. Die handelsüblichen, unglasierten Pflanzentöpfe in vorwiegend roter Farbe sind das beste Beispiel für Terrakotta-Gefäße. Der Name bedeutet in der italienischen Sprache „gekochte Erde“. Terrakotta-Gefäße sind wasserdurchlässig.

Steingut ist ein im 18. Jahrhundert erfundenes keramisches Produkt, das zwar bei viel höheren Temperaturen (bis 1250°C) als die Majoliken und Terrakotten zu einem weißen bis hellrotbraunen Scherben gebrannt wird, aber aufgrund der nicht vollständigen Sinterung trotzdem porös ist und damit zu Irdengut gehört. Jasperware von Wedgwood ist ein weltweit ganz begehrtes Steingut aus Großbritannien. Es ist Mitte des 18. Jahrhunderts dem Engländer Josiah Wedgwood nach langem Experimentieren geglückt, eine harte, zwischen Steingut und Steinzeug stehende Keramik zu erfinden, die unglasiert und mit einigen pastelligen Farben gefärbt, Weltruhm erlangte. Die japanischen Satsuma-Vasen sind auch aus Steingut angefertigt. Um Steingut wasserdicht zu bekommen, verwendet man oft bleihaltige Glasuren, die bei ca. 1000°C aufgeschmolzen werden.

 

Einige Beispiele für keramische Erzeugnisse aus Irdengut (obere Reihe) und aus Sinterzeug (untere Reihe)
Obere Reihe, von links: Öllampe aus Terrakotta
Lampenvase aus reliefierter Majolika (L.097)
Lampenvase aus glatter Fayence von Gien (L.335)
Lampenkörper aus Jasperware von Wedgwood (L.332)
Untere Reihe, von links: Krug aus deutschem, salzglasiertem Steinzeug
Britischer Lampensockel aus schwarz glasiertem Steinzeug
Lampenvase aus glasiertem Porzellan (L.020)
Figuraler Kerzenständer aus Biskuitporzellan von Porzellanfabrik Kalk (L.330)

 

Sinterzeug

Sinterzeug bezeichnet man diejenigen keramischen Produkte, deren Bestandteile bei dem Brennprozess mit hohen Temperaturen vollständig sintern und damit einen nicht porösen, wasserdichten Scherben erzeugen. Zu Sinterzeug gehören Steinzeug und Porzellan.

Steinzeug besteht im Gegensatz zu Steingut, mit dem es wegen Namensähnlichkeit oft verwechselt wird, aus einem vollkommen wasserdichten, aber im Gegensatz zu Porzellan nicht durchscheinenden, meist hellen Scherben, da es bei Temperaturen von 1200-1300°C gebrannt wird, wodurch seine Ausgangsmaterialien vollständig sintern. Unglasiertes Steinzeug kann man schneiden, schleifen und polieren. Das berühmte Böttgersteinzeug (Vorläufer des Hartporzellans) ist ein gutes Beispiel dafür. Salzglasiertes Steinzeug aus Westerwald in Form von Kannen, Schüsseln und Töpfen mit spärlicher Bemalung in Dunkelblau auf hellgrau-bläulichem Hintergrund war früher in Deutschland sehr verbreitet. Die meisten runden Keramik-Sockel der britischen Petroleumlampen sind aus hochwertigem, durch höhere Brenntemperaturen verdichtetem, glänzend schwarz glasiertem Steinzeug.

Porzellan ist der bekannteste Vertreter von Sinterzeug überhaupt. Es musste eine lange Zeit aus China und Japan teuer importiert werden, da man seine Zusammensetzung und Herstellung in Europa nicht kannte. Die außergewöhnlichen Eigenschaften des Porzellans (seine Härte, hohe thermische und mechanische Beständigkeit, Lichtdurchlässigkeit, Unempfindlichkeit gegen viele Chemikalien, Wasserundurchlässigkeit) haben es in Europa zu einem sehr begehrten Kunstgegenstand und Sammelobjekt werden lassen.

Der Name von Porzellan leitet sich vom italienischen porcellana ab. Das ist die Bezeichnung für eine Schneckenart, deren hochglänzende, gelblich-weiße Schale eine ziemliche Ähnlichkeit zum chinesischen Porzellan hatte, dessen erste Exemplare wohl mit Marco Polo nach Italien gelangten, als er nach seinem langjährigen Aufenthalt im Fernen Osten zu seiner Heimat zurückkehrte.

Porzellan besteht hauptsächlich aus Kaolin, Quarzsand und Feldspat. Erst durch diese Kaolin-haltige Zusammensetzung war es Johann Friedrich Böttger möglich, 1708 das erste europäische Hartporzellan zu brennen. Eine ganz wichtige Besonderheit des Porzellans ist seine Lichtdurchlässigkeit bei dünnen Scherben. Diese Eigenschaft kommt zustande, da Feldspat bei hohen Brenntemperaturen schmilzt, aber beim Abkühlen nicht wieder Kristalle bilden kann. Der Anteil an Feldspat im Porzellan bleibt also eine glasartig erstarrte Schmelze, wodurch erst das Porzellan durchscheinend wird. Durch seine Lichtdurchlässigkeit unterscheidet sich Porzellan von allen anderen keramischen Produkten.

Hartporzellan hat einen höheren Kaolin-Gehalt und wird bei sehr hohen Temperaturen bis 1480°C gebrannt. Ein bekanntes Beispiel für Hartporzellan ist z.B. Imari-Porzellan (= Arita-Porzellan) aus Japan. Auch die meisten Porzellane aus europäischer Anfertigung zählen zu den Hartporzellanen.

Weichporzellan hat einen niedrigeren Kaolin-Gehalt und wird etwas niedriger (bis 1350°C) als Hartporzellan gebrannt. Die früheren chinesischen Porzellane bestehen aus Weichporzellan.

Knochenporzellan ist eine britische Erfindung, bei der der Porzellanmasse Knochenasche (Calciumphosphat) beigemischt wird. Mit dieser Zusammensetzung bekommen die Porzellanwaren eine besonders hohe Schlagfestigkeit und auch höhere Lichtdurchlässigkeit. Knochenporzellan („bone china“ in englischer Sprache; „bone“ heißt Knochen und „china“ ist die frühe englische Bezeichnung für Porzellanware aus China und wird heute noch als Synonym für Porzellan verwendet) gehört zu Weichporzellanen.

Biskuit-Porzellan ist ein unglasiertes, weißes Porzellan, das aufgrund seiner optischen Ähnlichkeit zu weißem Carrara-Marmor zur Herstellung von Büsten und Statuen verwendet wurde. Auch Biskuit-Porzellan zählt zu den Weichporzellanen.

Fritten-Porzellan (auch Pseudo-Porzellan genannt) ist das Ergebnis europäischer Bemühungen, echtes Porzellan herzustellen, als noch nicht bekannt war, dass Kaolin unbedingt dazu gehört. Fritten-Porzellan ist daher kein Porzellan, sondern ein Irdengut, da es kein Kaolin enthält und seine Bestandteile keine Sinterung beim Brennen erfahren.

Porzellan-Herstellung erfolgt über mehrere Schritte sowie unterschiedliche Brände. Die wässrigen Anschlämmungen der Ausgangsstoffe in feinst vermahlener Form (deutsche Bezeichnung: „Schlicker“) werden in vorbereitete Formen aus Gips eingegossen. Die porösen Gipswände der Form absorbieren das Wasser von der Porzellan-Anschlämmung, so dass an den Kontaktflächen eine einigermaßen entwässerte und dadurch etwas verfestigte Porzellanschicht entsteht. Die überschüssige Anschlämmung wird wieder aus der Form ausgegossen und das entstandene Porzellangefäß an der Luft getrocknet, bis es „lederhart“ ist.

Danach folgt ein erster Brand bei relativ niedriger Temperatur (ca. 900-1000°C). Bei diesem Brand verliert die Porzellanmasse das restliche Wasser, schrumpft dabei um 10-15%, und verfestigt sich. Da noch keine Sinterung stattgefunden hat, ist der produzierte Scherben recht porös und kann eine flüssige Glasur sehr gut aufnehmen. Nach dem Glasur-Überzug erfolgt der eigentliche Endbrand bei den oben angegebenen hohen Temperaturen, wobei das Sintern der Bestandteile, das glasige Schmelzen vom Feldspat und das Schmelzen und Verbinden der Glasur mit der Porzellan-Oberfläche stattfinden.

 

WICHTIG in eigener Sache: Ich kann die unterschiedlichen Keramiken nicht voneinander unterscheiden, da deren relevanten Unterscheidungsmerkmale wie Farbe und Wasseraufnahme der Scherben unter Glasur verborgen und daher für mich nicht prüfbar sind. Der einzig gebliebene Test ist die Lichtdurchlässigkeit, die man immer durchführen kann. Damit kann man Porzellan immer von den übrigen, nicht lichtdurchlässigen Keramiken unterscheiden. Daher habe ich mir erlaubt, alle keramischen Produkte, die nicht lichtdurchlässig sind, einfach als „Keramik“ zu titulieren, unabhängig davon, ob sie Steingut, Majolika oder Steinzeug sind. Ich habe damit die sämtlichen, für Lampensammler relevanten keramischen Erzeugnisse in zwei Gruppen eingeteilt, die auch von Laien sehr klar unterscheidbar sind:

A. „Porzellan“ für alle lichtdurchlässigen Produkte
B. „Keramik“ für alle übrigen, nicht lichtdurchlässigen Produkte

Die Keramik-Experten mögen mir verzeihen!

 

Lichttest zur Unterscheidung zwischen Porzellan und Keramik
(obere Reihe: normale Aufnahme; untere Reihe: von innen beleuchtet)
Von links: Vase aus relativ dünnem Porzellan, vollständig lichtdurchlässig (L.274)
Porzellan-Bassin mit relativ dicker Wand, bis auf die dicken Teile lichtdurchlässig (L.205)
Porzellanlampe aus dickem, strukturiertem Porzellan, trotzdem lichtdurchlässig (L.085)
Keramikvase, völlig undurchsichtig auch mit sehr starker Lichtquelle (L.105)

 

Die Bemalung von Porzellan und anderen keramischen Objekten

Die farbige Gestaltung des Porzellans kann sowohl vor dem Glasurauftrag mit „Unterglasurfarben“ als auch auf der aufgetragenen, aber noch nicht gebrannten Glasur mit „Inglasurfarben“ erfolgen. Diese Farben müssen sehr temperaturbeständig sein, um die hohen Temperaturen bei dem Endbrand unbeschadet zu überleben. Aufglasurdekore werden dagegen erst nach dem Endbrand angebracht und bei niedrigeren Temperaturen (in Muffelöfen) gebrannt, wobei sie schmelzen und sich mit der Glasur verbinden. Da hier keine hochtemperaturbeständigen Farben nötig sind, hat man viel mehr Farben und Farbtöne zur Verfügung. Goldene Dekore und Zierlinien können nur als Überglasurfarbe angebracht werden. Da sie sich wohl nicht richtig mit der Glasur verbinden, sind diese Dekore nicht ganz abriebfest.

Die zur Bemalung von Porzellan und anderen, hochwertigen keramischen Gefäßen verwendeten Farben sind Email-Farben, die aus fein pulverisiertem Glas, farbgebenden, entsprechend temperaturbeständigen Metalloxiden, geeigneten organischen Bindemitteln und Wasser bestehen und zu einem dünnflüssigen Gemisch aufgearbeitet sind (siehe auch das Unterkapitel Emaille, Cloisonné, Champlevé).

Selbstverständlich sind Porzellanobjekte, die sehr fein und sehr detailreich von Hand bemalt worden sind, sehr wertvoll und hatten entsprechend hohe Preise. Infolge der einsetzenden Industrialisierung und der damit einhergehenden Rationalisierung hat man allerdings Wege gefunden, um Dekore und Bilder auf Porzellan und anderen keramischen Gefäßen zu drucken, anstatt sie von Hand zu malen. Das Umdruck-Verfahren wurde schon Mitte des 18. Jahrhunderts in Großbritannien erfunden. Bei dieser Technik werden Motive, die bedruckt werden sollen, in Kupferplatten graviert, die man anschließend mit Druckfarbe überzieht. Nach dem Reinigen der Platten-Oberfläche bleibt die Druckfarbe nur in den gravierten (= tiefer gelegten) Linien. Dieses Bild wird anschließend auf ein geeignetes Papier bedruckt. Dieser Vorgang ähnelt dem althergebrachten Kupferstich. Jetzt wird das bedruckte Papier mit der Bildseite nach unten auf das Keramikgefäß fixiert und gebrannt. Bei diesem Brand brennt das Papier weg und die Druckfarben vom Papier werden auf der Keramikoberfläche geschmolzen. Dieser Vorgang erlaubt natürlich nur das Bedrucken in einer Farbe. Jede weitere Farbe erfordert die Wiederholung der Prozedur. Die meisten Teller und anderes Gebrauchsgeschirr mit monochrom-bedruckten Landschaftsmotiven im 18. und 19. Jahrhundert sind mit dieser Technik entstanden. Aufgrund der massenhaften Herstellung des Gebrauchsgeschirrs wurde der Transfer-Druck eher auf Steingut angewendet. Die Porzellanware für reiche Käuferschichten wurde damals nach wie vor per Hand bemalt.

In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts hat man die Handbemalung und das Umdruck-Verfahren kombiniert, indem man die Umrisslinien der Dekore und Bilder in dunklen Farben (meist in Schwarz) per Umdruck-Verfahren bedruckt, und die Flächen zwischen diesen Umrisslinien per Hand koloriert hat. Die in dieser Art kolorierten Waren hat man trotzdem als „handbemalt“ vermarktet, obwohl von einer richtigen Bemalung hier keine Rede sein kann; man hat lediglich eine umrissene Fläche mit einer Farbe ausgefüllt. Daher sollte man diese Objekte eher als „handkoloriert“ bezeichnen.

Mit der Entwicklung und Vervollkommnung der maschinellen Drucktechniken am Ende des 19. und am Anfang des 20. Jahrhunderts (z.B. Rotationstiefdruck, 4-Farben-Offset-Druck, Siebdruck, etc.) kann man seitdem komplizierte, mehrfarbige Dekore und Bilder auf den keramischen Objekten anbringen, indem man diese mehrfarbigen Motive jetzt auf transparente Kunststoff-Folien druckt, diese Folien auf die Oberflächen der keramischen Erzeugnisse fixiert und die präparierten Stücke brennt. Es ist selbstredend, dass die angebrachten Farben keine einfachen Druckfarben (wie z.B. bei Zeitungs- und Buchdruck) sind, sondern aus temperatur- und lichtbeständigen anorganischen Pigmenten bestehen. Das meiste Gebrauchsporzellan des 20. Jahrhunderts ist auf diesem Wege dekoriert.

Die Unterscheidung zwischen vollständig handbemalten, komplett bedruckten bzw. teilbedruckten und dann handkolorierten Objekten kann auch einem Laien mit einer stark vergrößernden Lupe und einiger Erfahrung leicht gelingen. Handbemalung erkennt man immer in individuell geführten Pinselstrichen und klaren Umrisslinien mit scharfen Kanten. Bedruckte Umrisslinien kann man daran erkennen, dass die Linien nicht komplett gezogen, sondern teilweise unterbrochen sind. Glatt gezogene schwarze Linien ohne leicht zerfaserte Ränder kann man mit keiner maschinellen Drucktechnik erzielen. Im nächsten Foto habe ich alle drei Techniken dargestellt.

 

 

Beispiele für handbemalte, handkolorierte und bedruckte Motive auf Porzellan (zum Teil stark vergrößert)
Obere Reihe, von links: Handbemalte Blume auf einer Porzellanvase (L.020)
Handbemalte Chinoiserie-Szene auf einer Modérateur-Lampe (L.329)
Handbemalte Blüte auf der gleichen Lampe (achten Sie auf die schwarzen Umrisslinien, die auch handbemalt sind)
Handkoloriertes Porzellan von Rosenthal mit schwarz bedruckten Umrisslinien und handkolorierten Flächen
Untere Reihe, von links: Handkoloriertes Teeservice aus England mit schwarz bedruckten Umrisslinien und ziemlich ungenauer Handkolorierung
Bedrucktes Teeservice aus Art Deco-Zeit (vermutlich Siebdruck)
Bedrucktes Teeservice aus 1960’er Jahren (vermutlich Lithografie)
Bedruckter Porzellanbecher aus neuerer Zeit (vermutlich Tiefdruck)

 

Die farbige Gestaltung der anderen keramischen Erzeugnisse (Majoliken, Fayencen, Steingut, etc.) erfolgt im Prinzip genau wie oben für Porzellan beschrieben. Vermutlich wurde die historisch-richtige Inglasur-Malerei auf Majoliken und Fayencen (siehe oben) am Anfang des 20. Jahrhunderts mit farbigen Glasuren und Überglasur-Bemalung erheblich erweitert, um die dafür zur Verfügung stehende, große Farbpalette ungehindert auszunutzen.

Eine bei der Bemalung der Keramik interessante Malmethode ist die Schlickermalerei, bei der eine mit der erwünschten Farbe gefärbte, wässrige, relativ dickflüssige Tonanschlämmung (= Schlicker) mit Pinseln oder anderen Mitteln auf das lederhart getrocknete, aber noch nicht gebrannte Keramikgefäß aufgetragen und dann gebrannt wird. Die auf diese Art und Weise angebrachten Farben stehen leicht erhöht auf dem Hintergrund, da ihr Tongehalt mitbrennt und auf der Oberfläche bleibt. Der französische Ausdruck für Schlicker ist „barbotine“. Die mit Schlicker bemalten Keramiken werden in Frankreich auch einfach Barbotine genannt. Allerdings verwendet man diesen Begriff oft fälschlicherweise für keramische Gefäße, die von Anfang an in entsprechend vorbereiteten Gießformen stark reliefiert gegossen worden sind. Ihre ausgeprägte Reliefprägung kommt also nicht von einer nachträglich angebrachten Schlicker-Schicht. Engobe ist eine sehr dünnflüssige, gefärbte oder ungefärbte Tonanschlämmung, mit der man lederhart getrocknete Keramik wie eine Glasur komplett bedecken oder teilweise bemalen kann. Engobe-Bemalung ergibt keine höher stehenden Farboberflächen.

 

Einsatz von Porzellan und Keramik bei Petroleumlampen

Keramische Erzeugnisse wurden sehr häufig als Vasen, Säulen oder sogar als ganze Lampenkörper ohne einen separaten Petroleumtank bei den Petroleumlampen eingesetzt. Die am meisten verwendeten keramischen Produkte dürften Majolika (bzw. was man um 1900 sehr beiläufig Majolika nannte) und Porzellan sein. Hochwertige Lampen mit fein handbemalten Porzellanvasen oder mit Porzellanskulpturen waren natürlich eher für finanzstarke Kunden vorbehalten.

Lampen mit Vasen aus handbemalten Tonwaren waren wohl in Deutschland und Österreich sehr verbreitet. Diese Produkte wurden als Majolika bezeichnet, obwohl ihre farbliche Gestaltung von der historisch überlieferten Maltechnik abwich. Eine reizvolle Variante sind die mit einem schönen Reliefmuster gegossenen Teile, die danach mit unterschiedlichen Farben bemalt wurden. Dadurch entstanden sehr plastische, farblich kontrastreich bemalte Oberflächen, die den Reiz dieser Lampen ausmachen. Diese plastisch angebrachten Dekore waren bei den Gießformen entsprechend eingearbeitet. Blumen, Pflanzen, aber auch stilisierte Jugendstil-Dekore waren sehr beliebt. Diese Majolika genannten Keramik-Teile wurden mit Vorliebe bei den Tischlampen (vorwiegend mit Vesta-Schirmen) und Hängelampen eingesetzt. Die allermeisten dieser Lampen sind bedauerlicherweise nicht mit Signaturen oder Bodenmarken versehen, so dass eine Identifikation des Herstellbetriebes so gut wie unmöglich ist.

Andere Lampen wiederum wurden mit Schlickerfarben bemalt, die eine leichte Reliefierung ergaben, ohne dass man die Gießformen mit Reliefmustern versehen musste. Viele französische Lampen (barbotine) und auch Lampen aus Österreich wurden auf diese Art und Weise farblich gestaltet. Auch diese Lampen tragen keine Bodenmarken.

Französische Keramik-Manufakturen Longwy, Gien und Vieillard wurden weltberühmt durch ihre mit intensiven, pastosen Email-Farben bemalten Zierobjekte wie Vasen, Teller, Jardinieren, usw. Sie haben selbstverständlich auch Lampenvasen sowohl für Modérateur- als auch für Petroleumlampen angefertigt. Der Manufaktur Gien ist es auch gelungen, italienische Renaissance-Motive in einer berühmt gewordener Keramik-Reihe neu zu beleben.

Besonders arbeitsaufwändige Verzierungen sind keramische Vasen mit durchbrochenen Wänden. Mit dieser Technik haben sich die ungarischen Manufakturen Zsolnay und Ignác Fischer besonders hervorgetan. Ihre hochwertigen Lampen waren insbesondere für Export nach Großbritannien, aber auch für reiche, anspruchsvolle Kunden in Österreich und Deutschland bestimmt. Sie sind heute relativ rar und entsprechend teuer.

Auch in Großbritannien wurden von namhaften Keramik-Produzenten Lampenteile für Petroleumlampen hergestellt. Am berühmtesten waren Wedgwood (Erfinder von „Jasperware“) und Royal Doulton. Sie haben allerdings ihre Keramik-Teile nicht selbstständig in Lampen verarbeitet, sondern die gewünschten Waren im Auftrag der Lampenhersteller produziert. Die Keramik-Vasen von Taylor, Tunnicliffe & Co. sind durch ihre bewusst zerklüftete und aufgeraute Oberfläche berühmt geworden. Lampen mit den Keramik-Teilen dieser drei Produzenten sind rar und teuer, da sie begehrte Sammelobjekte für britische Sammler sind.

Die einzige mir bekannte deutsche Keramik-Manufaktur, die auch Vasen für Petroleumlampen hergestellt hat, ist Franz Anton Mehlem bei Bonn (L.221). Ich besitze keine Lampen von anderen deutschen Keramik-Herstellern.

Die in Frankreich oft zu Petroleumlampen umgewandelten japanischen Satsuma-Vasen werden im Unterkapitel Keramik aus Japan und China besprochen.

 

Beispiele für farbige und skulpturale Gestaltung bei Keramik-Lampen
Obere Reihe, von links: Pastose Email-Malerei auf kobaltblauem Grund (L.149)
Malerei in Delft-Manier, Fourmaintroux Frères, Frankreich (L.305)
Reliefartige Email-Malerei, Longwy, Frankreich (L.145)
Feine Malerei auf aufgerauter Oberfläche, Taylor, Tunnicliffe & Co., Großbritannien (L.271)
Untere Reihe, von links: Durchbrochene und bemalte Keramikvase, Ignác Fischer, Budapest (L.163)
Majolika-Vase mit stark reliefierter Oberfläche (L.026)
Lampe aus Jasperware von Wedgwood (L.332)
Skulpturenlampe mit Knaben und Blumen (L.082)

 

Porzellan, historisch bedingt als das edelste keramische Erzeugnis, wurde ebenso wie Steingut, Majolika und Steinzeug bei unterschiedlichen Arten von Petroleumlampen eingesetzt. Auch hier findet man alle möglichen Gestaltungsarten von einfachem, dünnwandig-glattem Porzellan bis zum stark strukturierten, in Relief bearbeiteten oder gar zu Skulpturen geformten Porzellan. Der Fokus liegt allerdings jetzt eher auf der künstlerisch hochwertigen Bemalung. Da sich viele berühmte Porzellanmanufakturen bei der Herstellung von Lampenteilen beteiligt haben, tragen diese Stücke fast immer die entsprechenden Bodenmarken.
 
Von den deutschen Porzellanmanufakturen hat sich insbesondere Meißen für die Herstellung von Porzellanlampen eingesetzt. Von dieser weltberühmten Firma existieren Lampen mit unterschiedlicher Ausformung, aber fast immer mit dem berühmten „Zwiebelmuster“. Die Meißener Lampen erreichen immer hohe Preise, die wohl auch mit dem weltweit anerkannten, hohen Prestige dieser Firma begründet sind. Von der Berliner Manufaktur KPM gibt es fein bemalte Lampenvasen, die von Wild & Wessel in ihren Lampen eingesetzt wurden. Die thüringischen Manufakturen Sitzendorf und Schierholz fertigten vorwiegend Porzellanlampen mit Putten und applizierter Pflanzenornamentik, die in Großbritannien gefragt waren. Carl Thieme aus der Gegend von Dresden hatte sehr unterschiedliche Porzellanlampen, allesamt mit feiner Bemalung, vorwiegend für den Export nach USA angefertigt. Thüringische Manufakturen Rudolstadt und Volkstedt waren daran spezialisiert, feine Porzellane im italienischen Capodimonte-Stil herzustellen. Ob meine Lampe L.065 (siehe Foto) auch von einer dieser Manufakturen stammt, ist nicht klar, da sie ausnahmsweise keine Bodenmarke hat.

In Frankreich gab es zwei Porzellan-Manufakturen, die schöne Porzellankörper für die Modérateur-Öllampen angefertigt haben. Die Manufaktur Valentin St. Gaudens im Süden Frankreichs (nicht zu verwechseln mit den sog. „Valentin-Lampen“) hatte einen eigenen Stil kreiert mit fein bemalten Blumenarrangements in kobaltblauer, golden verzierter Umrahmung. Bayeux in der Normandie hat sich auf die Imitation von Chinoiserien im Canton-Stil spezialisiert. Viele Modérateur-Lampen mit den Porzellanvasen von diesen Manufakturen wurden später zu Petroleumlampen umgewandelt. Auch von der Pariser Manufaktur Samson sind ähnliche Chinoiserien bekannt.

Völlig namenlos geblieben sind viele französische Porzellanlampen, die von unterschiedlichen, kleinen Manufakturen in und um Paris hergestellt wurden. Das Porzellan dieser Manufakturen wird einfach „Pariser Porzellan“ genannt; Firmennamen, Bodenmarken, etc. fehlen völlig. Dazu gehören nicht nur die sog. Valentin-Lampen (siehe Kapitel Französische Lampen im Sammlungsteil), sondern auch zum Teil ganz fein bemalte Porzellanvasen.

Großbritannien ist ein Land, wo das Steingut ein ebenso hohes Ansehen wie Porzellan genoss. Daher gibt es eine große Zahl sehr schöner britischer Lampen, die aus Keramik (vermutlich vorwiegend als Steingut) angefertigt worden sind. Sie sind schön bemalt und anspruchsvoll gestaltet. Daneben gab es aber auch Porzellanmanufakturen, die hervorragende Porzellanlampen hervorgebracht haben. Hier muss man allen voran die Manufaktur von Moore Brothers nennen. Diese Firma hat einen eigenen, bemerkenswerten, den damaligen Zeitgeschmack perfekt wiedergebenden Stil aus vollplastisch geformten Putten und Pflanzen kreiert. Es gibt viele, unterschiedlich große Lampen von Moore Bros., die immer hohe Preise erlangen. Auch von anderen, sehr renommierten Manufakturen wie Royal Worcester oder Spode Copeland sind hervorragende Petroleumlampen bekannt, die sich allesamt mit allerhöchster Qualität auszeichnen. Ihre Preise sind aber auch entsprechend hoch.

Von anderen, mir bekannten Porzellanmanufakturen ist noch Royal Dux Bohemia (heute in der Tschechischen Republik) zu nennen, die nachweislich voll figurale Porzellangruppen für Lampen hergestellt haben. Die Imari-Vasen aus Japan wurden in Frankreich gerne in Petroleumlampen eingesetzt (siehe dazu Unterkapitel Keramik aus Japan und China).

 

Beispiele für farbige und skulpturale Gestaltung bei Porzellanlampen
Obere Reihe, von links: Feine Blumenmalerei von KPM, Berlin (L.166)
Feine Blumenmalerei von Valentin St. Gaudens, Frankreich (L.234)
Malerei in chinesischem Stil von Bayeux, Frankreich (L.106)
Reliefiertes Porzellan als Seladon-Imitation, Frankreich (L.270)
Untere Reihe, von links: Stark reliefierte Porzellanvase, Pariser Porzellan (L.085)
Plastisches Relief in Capodimonte-Stil, vermutlich aus Thüringen (L.065)
Kinderstubenlampe mit vollplastischen Blumen, Großbritannien (L.215)
Skulpturenlampe mit Putten und Blumen, Moore Bros., Großbritannien (L.252)