© Arto Hanciogullari und T. Tsekyi Thür

Email-Malerei in Cloisonné- und Champlevé-Technik

Diese französischen Bezeichnungen stehen für zwei uralte Maltechniken mit Emailfarben auf vorwiegend metallischen Oberflächen. Sie sind beide seit dem Mittelalter allgemein bekannt und bei künstlerisch wertvollen Objekten oft angewendet. Sie sehen sich im ersten Augenblick ziemlich ähnlich aus, obwohl sie zwei grundsätzlich unterschiedliche Techniken sind. Aufgrund dieser Ähnlichkeit werden sie oft verwechselt. Sehr viele in Champlevé-Technik bemalte Kunstobjekte werden von unkundigen Leuten einfach zu Cloisonné-Technik zugerechnet, was völlig falsch ist.

Bevor wir die beiden Techniken mit ihren grundsätzlichen Unterschieden beschreiben, müssen wir kurz den Begriff Email (oder Emaille in einer anderen Schreibweise) erklären, denn Emailfarben werden unverändert bei beiden Techniken angewendet.

 

Email / Emaille

Das Email (oder auch die Emaille) ist ein glasartiger Überzug auf metallischen und Glasoberflächen, der mit diesen Oberflächen durch Brennen bei hohen Temperaturen irreversibel verbunden ist. Dieser Überzug kann durch Beimengung geeigneter anorganischer Bestandteile in unterschiedlichen Farben, undurchsichtig-opak oder durchsichtig-transparent gestaltet werden, je nachdem, welche technische, künstlerische und andere Anforderungen das auf diese Art und Weise behandeltes Metallobjekt erfüllen muss.

Die meisten Leute haben mehrere mit Email veredelte Metallteile in ihrem Haushalt, ohne sich dessen bewusst zu sein. Zum Beispiel sind die Backofen-Innenwände und auch die Backofenbleche schwarz- oder dunkelanthrazit-emaillierte Metallplatten, da die glasartige Oberfläche des Emails eine sehr hohe Beständigkeit gegen fast allen Substanzen besitzt. Auch die hochwertigen Badewannen und Duschwannen sind mit einer weißen Emailschicht überzogen und sind mit ihrer Unempfindlichkeit und Langlebigkeit den moderneren, farbig ansprechenden Acrylwannen haushoch überlegen. Noch ein Beispiel für den täglichen Gebrauch sind die weißen Außenwände von Kühlschranken, Waschmaschinen, usw., die früher ebenfalls mit weißem Email hergestellt waren. Heute wird bei niedrigpreisigem Segment einfach weiße Farbe anstatt Email angewandt.

Zur Herstellung des Emails werden unterschiedliche glasbildende, die Haftung auf der Metalloberfläche ermöglichende sowie farbgebende Stoffe (Silikate wie Quarzsand, Metalloxide, Borax, Feldspat, usw.) in feinst gemahlener Form miteinander vermischt, mit Wasser in eine fließfähige Form gebracht, auf die zu emaillierende Oberfläche aufgetragen und bei Temperaturen von 800-900°C zusammengeschmolzen. Die auf diese Art und Weise mit einer dünnen Glasschicht überzogene Metalloberfläche ist vor der Korrosion geschützt.

Die historisch bedeutsamen Emailarbeiten mit farbigem Email sind bei den Kunstgegenständen zu finden. Der Emailüberzug ist eine uralte Technik. Die älteste gefundene Emailarbeit ist 3500 Jahre alt (Grabbeigabe in Zypern). Aus altem Ägypten sind emaillierte Kunstgegenstände aus Gold bekannt. Die Kelten füllten die angeritzten Furchen ihrer Schmuckgegenstände mit rotem Email. Der Höhepunkt der künstlerisch sehr wertvollen Emailarbeiten begann allerdings mit den anspruchsvollen Techniken von Cloisonné und Champlevé im Mittelalter ab ca. 1000 in Europa.

 

Emailbemalung auf Glas

Bei der Emailbemalung auf Glas (zum Beispiel auf den Glasbassins der Petroleumlampen) werden die Emailfarben vorbereitet, indem man feines Glaspulver mit Farbpigmenten, geeigneten Bindemitteln und Wasser zu einer malfähigen, mehr oder weniger viskosen, cremigen Paste verrührt. Der Künstler kann dann das gewünschte Bild auf das Glas malen, indem er die vorbereiteten Farben mit einem Pinsel auf das Glas überträgt. Nach dem Trocknen werden diese Glasstücke bei relativ niedrigen Temperaturen (500-580°C) gebrannt.

Die gebrannten Emailfarben verbinden sich mit der Glasoberfläche und sind dadurch für äußere Einflüsse so gut wie völlig unempfindlich. Man kann sie sehr gut reinigen, ohne Gefahr zu laufen, dass man die Farbschicht verwischt. Diese Farben nennt man „Einbrennfarben“, da sie durch einen Brennprozess beständig gemacht worden sind.

Je nach Konsistenz der angerührten Emailfarben kann man unterschiedlich dicke Malschichten anbringen. Pastose (= dickflüssige) Emailfarben ergeben recht pastose, erhaben wirkende Pinselstriche. Mit dünnflüssigen Emailfarben werden ähnlich zu Porzellan-Malerei flach verteilte Farben erzielt.

Malt man das Glas dagegen mit anderen Malfarben, die später nicht gebrannt werden, bekommt man empfindliche Farboberflächen, die bei unsachgemäßem Umgang verwischt, weggewischt, zerkratzt und anderswie beschädigt werden können. Diese Farben heißen dann „Kaltfarben“.

 

Beispiele für Bemalung auf Glas (Detail-Aufnahmen)
Von links: Lampenvase von Thomas Webb, bemalt mit teilweise pastosen Emailfarben (L.301)
Lampenvase, bemalt mit teilweise flachen Emailfarben (L.013)
Lampenvase von W&W, bemalt mit Emailfarben, pastose Linien mit Bruchstellen (L.299)
Ein mit „Kaltfarben“ bemalter Tulpenschirm (L.297)

 

Cloisonné-Technik

Das französische Wort „cloisonné“ kommt von „cloison“, was Scheidewand bedeutet. Damit ist allgemein verständlich angedeutet, dass die einzelnen Farbfelder voneinander durch dazwischen liegende Scheidewände getrennt sind. Ein gebräuchlicher deutscher Begriff für Cloisonné ist Zellenschmelz. Die französische Bezeichnung Cloisonné hat sich in den westlichen Ländern, auch in den anglo-amerikanischen, vollständig durchgesetzt.

Die Technik der Cloisonné kann man hier kurz erläutern:

1. Auf einer möglichst flachen Metalloberfläche (meistens aus Kupferblech) wird zunächst eine Zeichnung des Motivs angebracht, wo die Trennlinien der einzelnen Farbfelder klar zu sehen sind.

2. In einem zweiten Schritt werden flachgewalzte, dünne, maximal 3 mm breite Kupfer- oder Messing-Drähte mit geeigneten Zangen in die Formen der Trennlinien gebogen und auf die Metalloberfläche angelötet. Dadurch entstehen die sogenannten Zellen, die der skizzierten Zeichnung folgen.

3. Der dritte Schritt ist dann das Füllen dieser Zellen mit den vom Künstler vorgegebenen Emailfarben. Mit dickflüssigen Emailfarben, die nebeneinander in der gleichen Zelle eingesetzt werden, kann man reizvolle Farbübergänge erzielen.

4. Im vierten Schritt wird der bemalte Gegenstand bei Temperaturen von 750-800°C gebrannt. Dadurch schmilzt das Glasgemenge und verbindet sich mit der Metalloberfläche sowie mit den Farbpigmenten. Es entsteht eine mehr oder minder homogen gefärbte, glasharte, gegenüber Chemikalien unempfindliche Oberfläche.

5. Im vorletzten Schritt wird die Oberfläche durch feines Schleifen geglättet und poliert.

6. Im anschließenden, letzten Schritt werden die sichtbaren, metallischen Trennlinien vergoldet, um sie vor Anlaufen zu schützen.  

Die metallischen Trennstege können nicht nur zur Trennung der Felder mit unterschiedlichen Farben eingesetzt werden, sondern auch als künstlerische Gestaltungselemente bei gleichfarbigen Feldern, da ihre golden glänzende Farbe insbesondere bei dunklen Farbfeldern sehr kontrastreich hervortritt. Weitere gestalterische Möglichkeiten sind dadurch gegeben, dass man die Farben vollständig opak oder ganz transparent wählt, oder sogar bestimmte Zellen ganz ohne Emailfarbe leer lässt. Dadurch ergeben sich lebhafte Oberflächen.

 

Arbeitsgänge der Cloisonné-Technik schematisch: Das Anlöten der Messingstege
Von links: Die Metalloberfläche noch unberührt
Die Metalloberfläche mit angelöteten, dünnen Messingstegen

 

Arbeitsgänge der Cloisonné-Technik schematisch: Bemalen mit Emailfarben
Von links:
Die Zellen zwischen den Messingstegen mit Emailfarbe gefüllt
Die Oberfläche ist nach dem Brennen glatt geschliffen

 

Wichtiges Erkennungsmerkmal bei Cloisonné: Alle metallischen Trennlinien sind dünn, und haben die gleiche Stärke. Sie treten nur als golden glänzende (falls gut gereinigt und nicht angelaufen), dünne Linien auf.

 

Beispiele für Cloisonné-Email (Detail-Aufnahmen)
Von links: Zwei französische Lampen mit chinesischem Cloisonné L.180 – L.361
Eine japanische Cloisonné-Vase auf Keramikuntergrund aus der Meiji-Periode
Eine neulich hergestellte chinesische Cloisonné-Vase (Ende des 20. Jahrhunderts)

 

Die Cloisonné-Technik ist tatsächlich sehr alt. Das erste bekannte Cloisonné mit vollflächig bemalten Zellen ist ein Goldzepter und stammt vermutlich aus dem 11. Jahrhundert v. Chr. Die eigentliche Blütezeit der Cloisonné-Technik kam dann im Mittelalter, als im byzantinischen Reich sehr kunstvolle liturgische und Schmuck-Gegenstände mit dieser Technik angefertigt wurden.

Über die islamischen Länder gelang die europäische Cloisonné-Technik ab ca. 14. Jahrhundert auch nach China, um dort Mitte des 15. Jahrhunderts zu einem künstlerischen Höhepunkt zu reifen. Die Übernahme dieser anspruchsvollen Technik durch die japanischen Künstler geschah sehr spät, erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts, um dort allerdings innerhalb weniger Jahrzehnte zu höchster handwerklicher und künstlerischer Blüte zu gelangen.

Durch die zunehmende Japan-Begeisterung in Europa im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts wurden immer mehr Vasen und andere Kunst- und Haushalts-Gegenstände aus Fernost nach Europa importiert. Die dadurch eingeleitete Massenproduktion von Cloisonné-Waren hat schon ab Beginn des 20. Jahrhunderts zu einem Niedergang der Qualität dieser Erzeugnisse geführt. Die heute vielerorts erhältlichen Cloisonné-Vasen sind zum größten Teil Produkte aus China, die sich durch ihren niedrigeren Preis im Vergleich zu den japanischen Waren in Europa durchgesetzt haben. Die meisten französischen Petroleumlampen, die eine Cloisonné-Vase haben, dürften aus den chinesischen Vasen hergestellt worden sein.

 

Champlevé-Technik

Dieses französische Wort ist zusammengesetzt aus zwei Begriffen: „champ“ heißt Feld und „levé“ heißt erhöht. Champlevé heißt dann wörtlich übersetzt erhöhtes Feld. Damit ist zunächst keine sinnvolle Verbindung zu der eigentlichen Technik von Champlevé ersichtlich, denn die Emailfarben werden hier in tiefer gelegte Bereiche der Metalloberfläche eingefüllt. Die deutsche Bezeichnung Grubenschmelz ist hier weit näher zu dem technischen Vorgang als der französische Begriff. Darauf komme ich später nochmal zurück.

Auch in der Champlevé-Technik werden die Farben voneinander gewissermaßen durch Scheidewände getrennt. Allerdings muss man diese Wände nicht durch Metallstege, die man an der Oberfläche anlötet, errichten. Dafür gräbt man nun die Bereiche, die später eine Emailfarbe aufnehmen sollen, in der eigentlichen Metalloberfläche aus, indem man genau diese vom Künstler vorbestimmten Bereiche durch Gravieren, Abschaben, chemisches Ätzen bis zu einer gewissen Tiefe aus der Metalloberfläche entfernt. Dadurch entstehen tiefer gelegte Felder, die nun als die Zellen für Emailfarben fungieren. Die übrig gelassenen Ränder dieser Gruben bilden jetzt die Trennwände zwischen diesen Zellen.

Die dadurch gebildeten Trennwände können in Champlevé-Technik ganz unterschiedliche, auch unregelmäßige Dicken aufweisen, da sie nicht aus dünnen, plattgewalzten Drähten bestehen, sondern übrig gelassene Teile der originalen Metalloberfläche sind. Dadurch übernehmen sie hier eine stärker dominierende, gestalterische Funktion zwischen den einzelnen Farbfeldern. Es gibt sogar recht breit belassene Trennwände (ca. 2-5 mm dick), die mit zusätzlichen Gravurlinien verziert werden. Ein reizvolles Zusammenspiel ergibt auch das Belassen ganzer Partien (z.B. menschliche Figuren) in erhöhter Form, die sich mit ihrer golden glänzenden metallischen Oberfläche von den umliegenden Farbfeldern kontrastreich absetzen. Diese freigelassenen Metalloberflächen kann man wiederum mit gravierten Linien zeichnerisch vervollständigen. Der französische Begriff Champlevé bezieht sich auf diese erhöht belassenen Teile der Metalloberfläche, die im Gegensatz der tiefer gelegten Gruben eine höher liegende Plattform darstellen.

Die sonstigen Arbeitsgänge sind mit denen von Cloisonné identisch: die tieferliegenden Felder werden mit entsprechenden Emailfarben gefüllt, gebrannt und anschließend glatt geschliffen, poliert und vergoldet.

 

Arbeitsgänge der Champlevé-Technik schematisch: Das Anbringen der Gruben
Von links: Die Metalloberfläche noch unberührt
Die Metalloberfläche mit ausgegrabenen Feldern und unterschiedlich dicken Trennwänden

 

Arbeitsgänge der Champlevé-Technik schematisch: Das Bemalen mit Emailfarben
Von links:
Die tiefer liegenden Gruben mit Emailfarbe gefüllt
Die Oberfläche ist nach dem Brennen glatt geschliffen

 

Wichtiges Erkennungsmerkmal bei Champlevé: Die metallischen Trennlinien sind wesentlich breiter und auch vielfach unregelmäßiger als bei Cloisonné. Sie treten als dickere, unregelmäßige Linien auf, die keine Ähnlichkeit zu den dünnen Metall-Linien der Cloisonné-Technik aufweisen.

 

Beispiele für die visuellen Unterschiede beider Techniken in Nahaufnahmen
Von links: Zwei Cloisonné-Oberflächen – Zwei Champlevé-Oberflächen

 

Auch die Champlevé-Technik ist eine sehr alte, wieder vollständig in Europa beheimatete Technik, die zur künstlerischen Bearbeitung der ausgewählten Metallgegenstände angewandt wurde. Schon aus vorchristlichen Zeit, um ca. 3. bis 2. Jahrhundert vor Christi Geburt, sind schöne keltische Metallarbeiten bekannt, bei denen dunkelrote Emailfarben auf bronzenen Kult- und Schmuckgegenständen angebracht worden sind.

Die eigentliche Blütezeit erlebte die Champlevé-Technik erst im Mittelalter in der romanischen Kunst ab ca. 11. Jahrhundert. In bestimmten Regionen (Belgien, Köln und Umgebung, Niederlande, Limoges in Frankreich, Spanien) entstanden erstklassige Kunstgegenstände in Champlevé-Technik.

Im Gegensatz zu Cloisonné-Technik hat die Champlevé-Technik den Sprung nach China und Japan nicht geschafft. Sie blieb bis zum heutigen Tag ein reines europäisches Kunsthandwerk. Um 1900 wurden einige französische Petroleumlampen mit Champlevé-Technik veredelt. Da diese Technik in der manuellen Fertigung sehr arbeitsaufwändig ist, sind die damit hergestellten Lampen recht klein. Größere Verbreitung fanden dann Lampen, die in Champlevé-Technik bemalte, kleinere Metallteile (kleine Säulen, Sockelpartien, etc.) als dekorative Elemente haben.

 

Vier französische Lampen in Champlevé-Technik (Detail-Aufnahmen)
Von links: L.175 komplett in Champlevé – L.122 mit Champlevé-Säule – L.261 mit Champlevé-Sockel – L.036 mit Champlevé-Monturen