© Arto Hanciogullari und T. Tsekyi Thür

Petroleumlampen für unterschiedlichste Zwecke

Vor der allgemeinen Einführung der elektrischen Beleuchtung war die Petroleumlampe die fast einzige Beleuchtungsart, die in allen Bereichen der menschlichen Tätigkeit in angepasster Form eingesetzt wurde. Dass die elektrische und die Gasbeleuchtung die mannigfaltigen Aufgaben nicht immer und überall übernehmen konnten lag einfach daran, dass beide Systeme völlig von einer externen Infrastruktur abhängig waren: Ohne Stromkabel konnte man keinen Strom zu den elektrischen Lampen, und ohne Gasleitungen konnte man kein Gas zu den Gaslampen führen. Elektrische Leitungen benötigten große Turbinen zur Elektrizitätserzeugung. Gasleitungen mussten aus riesigen Gasometern gespeist werden, und das Gas musste in extra dafür gebauten Fabriken aus Steinkohle etc. erzeugt werden. Aus diesen Gründen ist es leicht ersichtlich, dass am Anfang des 20. Jahrhunderts weder Gas noch Strom eine flächendeckende Alternative für Petroleum sein konnten. Auch in hoch industrialisierten Ländern gab es bis zu Mitte des 20. Jahrhunderts Landstriche, die noch nicht für den elektrischen Strom erschlossen waren.

Die Petroleumlampe war von solchen externen Abhängigkeiten vollkommen frei. Zu deren Benutzung brauchte man lediglich Petroleum, das auch im kleinsten Dorf in den entlegensten Landschaften der Erde billig erhältlich war. Die Lampe selber brauchte keine Stromkabel, keine Gasleitung; sie war frei beweglich, und aufgrund ihrer handlichen Größe überall einsetzbar. Einmal gut mit Petroleum gefüllt, brannte eine Petroleumlampe mehrere Stunden lang, sogar über Nacht, falls es notwendig war. So verwundert uns heute nicht, dass es keinen Bereich im menschlichen Dasein gab, wo nicht irgendeine, zum Benutzungszweck angepasste Petroleumlampe verwendet wurde.

Ich will hier einmal versuchen, viele Petroleumlampen aufzulisten, die zu unterschiedlichsten Zwecken entworfen und gebaut wurden:

 

In den Haushalten:

Tischlampen (einfachere Lampen mit und ohne Schirm für Tischarbeiten)
Studierlampen (= Schiebelampen; mit in der Höhe verstellbarem Brenner und Schirm)
Salonlampen (die luxuriöse Art der Tischlampen, fast immer mit Schirm)
Säulenlampen (die höhere Version von Salonlampen; auf länglichen Säulen)
Standlampen (sehr hohe Lampen mit verlängerbarer Säule)
Klavierlampen (mit seitlich angeordnetem Brenner zur Beleuchtung der Klaviatur)
Wandlampen (an Wänden befestigt, mit drehbarem oder festem Arm)
Hängelampen in Wohn- und Esszimmern (meist große Lampen mit verstellbarer Höhe)
Hängelampen mit „Lyra“ (mit Lyra-ähnlichen Metallgestellen zum Aufhängen)
Hallenlampen in Fluren (die gesamte Lampe ist versteckt in einem Glasschirm)
Nachtlampen (mit reduziertem bzw. gerichtetem Licht)
Sparlampen (mit kleinster Flamme, für Kinderzimmer)
Küchenlampen (meist mit Spiegel zur Bündelung des Lichts; ohne Schirm)
Henkellampen (kleine, leicht transportable Lampen mit einem Henkel)

 

Diverse Haushaltslampen mit Petroleumbrenner (entnommen aus diversen alten Lampenkatalogen)
Obere Reihe, von links: Küchen- bzw. Wandlampen
Hand- bzw. Henkel-Lampen
Zwei weitere Henkel-Lampen mit Glasbassins
Hängelampe mit einfachem Metallschirm
Untere Reihe, von links: Nacht- bzw. Sparlampen
Die Nachtlampe „Lunar“ von Wild & Wessel
Wandlampe mit festem Arm
Wandlampe mit drehbarem Arm 

 

Außerhalb der Häuser:

Gartenlampen (windsichere Lampen zur Benutzung in Gärten)
Laternen bei Hauseingängen (in einem gläsernen Metallkasten)
Hausnummer-Lampen (Metallkasten mit der herausgeschnittenen Hausnummer)
Straßenlaternen (in gläsernen Metallkasten, an den Wänden, auf Säulen, zum Hängen)
Stall-Laternen (einfache Glaskasten)
Friedhofslaternen (kleine Kasten mit roten Gläsern; zum Aufstellen auf Gräbern)
Kirchenlampen (unterschiedliche Ausführungen mit sakraler Ornamentik)
Sturmlaternen (spezielle Art der Gartenlampen, wind und regensicher)
Kutschenlaternen (zur Anbringung seitlich an Pferdekutschen)
Fahrrad-Laternen (kleine Laterne mit nach vorne ausgerichtetem Licht)
Auto-Laternen (die größere Version der Fahrrad-Laterne; für Autos)
Bahnlaternen (zur Anbringung vorne an der Lokomotive bzw. hinten an den Waggons)
Straßenbau-Laternen (meist mit gelbem Glas; zur Warnung an Baustellen)
Grubenlampen (gegen Gasexplosion geschützte Speziallampen für Grubenarbeiten)

 

Spezielle Lampen:

Dunkelkammer-Lampen (mit rotem Zylinder für Foto-Arbeiten in Dunkelkammern)
Medizinische Lampen (für unterschiedliche medizinische Untersuchungen)
Nähmaschinen-Lampen (einfache Lampen mit verlängertem Arm für Brenner)
Mikroskop-Lampen (zur Beleuchtung der beobachteten Objekte im Mikroskop)
Schuster-Lampen (einfache Lampen mit wassergefüllten Glasballons vor der Flamme)
Backofen-Lampen (zur inneren Beleuchtung von Backöfen)
Lampen für Laterna magica (zur Hinterbeleuchtung von Bildern im Guckkasten)
Brutkammer-Lampen (zur Gewährleistung einer vorgeschriebenen Wärme)

 

Einige Lampen und Laternen außerhalb der Haushalte (entnommen aus dem Katalog von Kretzschmar, Bösenberg & Co., Dresden, 1907)
Obere Reihe, von links: Handlaternen
Polizeilaternen
Sturmlaternen (Wind- und Regensicher)
Stall-Lampen
Untere Reihe, von links: Laterne zum Anbringen an Hauswände außen
Straßenlaterne zum Aufsetzen auf einem Laternenmast
Kutschenlaternen
Backofen-Lampen

 

 

Weitere Lampen und Laternen außerhalb der Haushalte (entnommen aus diversen alten Lampenkatalogen)
Obere Reihe, von links: Schaufenster-Laterne
Werkstatt-Lampen 
Eisenbahn-Signal-Lampen
Dunkelkammer-Lampen mit rubinroten Gläsern 
Untere Reihe, von links: Grablaternen in Friedhöfen
Fahrrad-Lampe 
Brutkammer-Heizlampe
Eiertest-Lampe

 

Vermutlich gibt es noch einige andere Lampen, die ich hier vergessen habe. Und neben all diesen verschiedensten Lampen gab es auch Heizöfen mit großen Brennern und roten Glaszylindern zu Heizzwecken sowie Kocher mit einem Brenner ohne Zylinder aber mit Vorrichtung zum Aufstellen von Töpfen über der Flamme. Es gab auch spezielle, kleine Aufsätze, die man bei größeren, stabilen Lampen oben auf dem Glaszylinder aufsetzte, um darüber wieder in kleineren Gefäßen z.B. Wasser zu erhitzen, denn die Hitze, die oben aus dem Zylinder herauskam, ist absolut nicht vernachlässigbar. Ein Streichholz oder ein dünnes Holzstück, das man oben in die Öffnung des Zylinders hält, brennt nach ein paar Augenblicken. Lässt man im Winter 5-6 größere Lampen in einem Zimmer brennen, braucht man keine Extra-Heizung! Damit ist die Petroleumlampe erwiesenermaßen die Lampe bei Stromausfällen: Man kann mit ihr das Zimmer erhellen, erwärmen, und gegebenenfalls sogar Wasser erhitzen, auch wenn es nur das Wasser für Tee oder Kaffee ist…

Ich muss hier, noch vor dem Kapitel Lampen der Sammlung klarstellen, dass ich von den oben gelisteten Sorten von Petroleumlampen nur wenige gesammelt habe. Mich faszinieren nur die schönen, teilweise sogar eleganten, gar prunkvollen Lampen im Hausgebrauch. Die meisten meiner Lampen sind Tisch- und Salonlampen mit einem Schirm und auch etliche Säulenlampen; weiterhin befinden sich 10 Hängelampen, 4 Klavierlampen, 3 große Standlampen und 6 Schiebelampen in meiner Sammlung. Einige Wandlampen, Kinderstubenlampen und Küchenlampen mussten aus der Sammlung aussortiert werden, da sie sukzessive mit wertvolleren Salonlampen ersetzt wurden. Die anderen Lampenarten, wie interessant sie von ihrer Technik auch sein mögen, interessieren mich nicht, da sie meinen Anspruch nach handwerklicher und künstlerischer Ästhetik nicht erfüllen.