© Arto Hanciogullari und T. Tsekyi Thür

Kurzer Abriss der amerikanischen Lampenentwicklung in der Petroleum-Ära

Ich habe zwar immer auch von den amerikanischen Lampen mit ihren speziellen Größen berichtet, als ich bei Allgemeine Informationen von Brennern, Zylindern, Schirmen, etc. erzählte, aber ich nehme die Gelegenheit nochmal wahr, hier etwas ausführlicher darüber zu berichten. Der Grund dafür ist, dass sich die amerikanische Lampenindustrie vom europäischen Geschehen unabhängig entwickelt hat und bei uns in Europa keine grundlegenden Kenntnisse über die amerikanischen Lampen existieren.

Die US-Amerikaner hatten eine sehr lange Zeit einfache Lampen mit Flachbrennern und ohne einen separaten Schirm. Die Lampenkörper bestanden sehr oft aus einem Fuß und einer kurzen Säule, worauf auch der Petroleumtank saß. Das Material war fast immer Glas, und nicht selten waren Fuß, Säule und Tank aus dem gleichen Pressglas zusammen in einem Stück hergestellt. Infolgedessen waren die ersten Lampenhersteller fast ausnahmslos Glasmanufakturen, die neben den gläsernen Lampen auch völlig andere Glasartikel für häuslichen Gebrauch produzierten. Im Laufe der Zeit haben sich dezidierte Prägemuster für Fuß und Petroleumtank ausgebildet, die bei den amerikanischen Sammlern ihre ganz speziellen Bezeichnungen haben. Diese an sich sehr anspruchslosen Lampen erfreuen in den USA eine große Sammlergemeinde und erzielen auch oft erstaunlich hohe Preise.

Diese frühe Form der amerikanischen Arbeitslampen hatte ihren Ursprung in den davor gebräuchlichen Öllampen, allen voran in den Walöl-Lampen (im Amerikanischen „whale oil lamps“), die wohl in USA und Kanada sehr verbreitet waren. Mit dem Aufkommen des Petroleums wurden die Brenner der Öllampen kurzerhand gegen einfache Flachdocht-Brenner ausgetauscht, und schon war der Archetypus der amerikanischen Petroleumlampe „geboren“. Während man in Europa die einfachen Flachbrenner sehr schnell gegen die besseren Rundbrenner ausgetauscht hat und auch die Lampenformen und ihre Schirme sehr variantenreich weiter entwickelte, hat man in Amerika die einfachen Lampen mit ihren archaischen Flachbrennern sehr lange beibehalten. Offensichtlich gab es keinen gesteigerten Bedarf nach besseren (und vielfach auch teureren) Lampen. Die amerikanische Nation war mit wildem Expandieren in Richtung Westen beschäftigt; da waren die einfachen, unkomplizierten Lampen gut genug für eine wachsende Bevölkerung von Arbeitern und Farmern. Hatte sich eine wohlhabende Bürgerschicht vornehmlich an der Ostküste von Amerika entwickelt, konnte man deren Anspruch nach besseren, wertvolleren, „vorzeigbaren“ Lampen mit Importen aus Europa leicht befriedigen. Das ist wohl einer der Gründe, warum eine Nation wie US-Amerikaner lange Zeit keine, den europäischen Lampen vergleichbare, technisch wie künstlerisch hochwertige Lampen entwickelt haben. Die Briten als ehemalige Kolonialmacht beherrschten den recht kleinen Markt für luxuriöse, teure Konsumgüter.

Aus den einfachen Glaslampen aus Pressglas hat sich ab ca. 1870-1875 eine künstlerisch anspruchsvollere Variante entwickelt, die man in den USA als „composit lamp“ bezeichnet. Bei diesen Lampen hat man bestimmte Lampenteile aus unterschiedlichen Materialien angefertigt und sie dann zusammen kombiniert, daher die Bezeichnung „composit“. Als Fuß hatte man jetzt mehr oder minder verzierte Plinthen meist aus Gusseisen verwendet. Darauf setzte man eine kleine Säulenpartie, meistens in Form von kleinen Statuen aus Pressglas oder Zinkguss, die dann das Bassin, wiederum oft aus Pressglas, trugen. Die verwendeten Brenner waren immer noch Flachbrenner in unterschiedlichen Größen, aber auch zunehmend Duplex-Brenner mit größeren Dimensionen. Bei hochwertigeren Lampen dieser Art hat man zusätzlich einen Kugelschirm aufgesetzt, der sogar bisweilen geätzte Verzierungen aufwies.

Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts gab es auch technisch anspruchsvolle Lampen, die allerdings auf europäischen Entwicklungen basierten. Dazu gehörten die klassischen Schiebelampen von C.A. Kleemann mit der seitlich angebrachten Sturzflasche, die einen großen Markterfolg in den USA hatten und von vielen Firmen kopiert wurden. Auch die Zentralluftzug-Lampen von Lempereur & Bernard aus Belgien eroberten weite Kundenkreise, die dann vermutlich das ausschlaggebende Vorbild für die amerikanischen Zentralluftzug-Lampen wurden.  

Die amerikanische Lampenindustrie änderte sich ab ca. 1880’er Jahren. Mit zunehmender Industrialisierung des Landes und damit einhergehend Bildung wohlhabender, anspruchsvoller Kundenkreise war die Zeit der echt innovativen amerikanischen Lampenentwicklungen gekommen. Erst jetzt gründeten und etablierten sich amerikanische Lampenfirmen, die begannen, ausgereifte, technisch wertvolle Rundbrenner in künstlerisch anspruchsvollen, meist aus Glas und Metall konstruierten Lampen eigener Prägung einzusetzen. Es scheint, dass eine national-stolze Ära ausgebrochen war. Viele Lampen aus dieser Zeit tragen die Bezeichnung „Made in U.S. of America“ oder einfacher „Made in U.S.A.“.

 

Merkmale amerikanischer Petroleum-Lampen

Die amerikanische Lampenindustrie hat im Laufe der Zeit unterschiedliche Lampenformen entwickelt, die anfangs an die europäischen Lampen angelehnt waren, später jedoch sich ziemlich eigenständig weiter entwickelten. Ich habe im folgenden Bild versucht, das Wesentliche dabei mit Fotos von meinen eigenen Lampenbeständen zu schildern (daher ist die Auswahl sehr subjektiv und nicht ganz repräsentativ).

 

Einige Lampenbeispiele aus der Entwicklung der amerikanischen Lampen
Obere Reihe, von links: a) Komposit-Lampe mit Zinkguss-Fuß und Glasbassin
b) Komposit-Lampe mit Gusseisen-Fuß, Zinkguss-Statue und Glasbassin (E. Miller)
c) Versilberte Bijou-Lampe mit europäischem Einfluss (Simpson)
d) Lampe mit Gien-Vase aus Frankreich (Hollings)
e) Lampe mit Glasvase von Thomas Webb aus Großbritannien
Untere Reihe, von links: a) Lampe aus vernickeltem Messingblech (E. Miller)
b) Lampe aus Messingblech (Rochester)
c) Lampe mit bemalter Glasvase
d) Lampe mit bemalter Glasvase
e) Eine „Gone with the wind“-Lampe mit großer, bemalter Glasvase (Fostoria)

 

Ich verzichte hier auf die simplen Pressglas-Lampen der amerikanischen Glasindustrie, da ich kein einziges Exemplar davon besitze. Sie dürften nur sehr selten nach Europa gekommen sein. Auch die Schiebelampen, die sich in den USA großer Beliebtheit erfreuten, nehme ich hier nicht auf, da sie nur dem deutschen Vorbild von C.A. Kleemann folgten. Die sog. Komposit-Lampen aus Amerika (siehe oben) trifft man etwas öfter auf den europäischen eBay-Portalen. Ihr Hauptmerkmal als Zusammensetzung aus mehreren Teilen mit unterschiedlichen Materialien kann man auch oft in typisch europäischen Lampen vorfinden.

In der Übergangszeit von den Komposit-Lampen zu den Zentralluftzug-Lampen rein amerikanischer Formgebung gab es natürlich Lampen, die sich an europäischen Vorbildern orientierten, bzw. mit aus Europa importierten Teilen (Vasen aus Glas, Keramik und Porzellan, sporadisch auch Brenner) konstruiert wurden.

Mit dem Aufkommen der großen Lampenfirmen etablierten sich drei hauptsächliche Lampenformen im eigenständigen amerikanischen Stil: a) Lampen ganz aus Metall meistens aus Messingblech, zum Teil auch vernickelt; b) Lampen mit einer handbemalten Glasvase auf einem gegossenen Metallfuß aus Eisen, Messing oder Zink; c) große Lampen aus mit einheitlichen Blumenmotiven handbemalten Vasen und Schirmen aus Glas; die sog. „Gone with the wind“-Lampen (siehe dafür weiter unten). Diese Lampen hatten dann sehr oft einen großen (rechnerisch 28-linig) Zentralluftzug-Brenner.

 

Amerikanische Brenner und Glaszylinder

Wie oben erwähnt, hatten die ersten amerikanischen Petroleumlampen einen amerikanischen Flachbrenner (möglicherweise ganz am Anfang als Kopie des Wiener Flachbrenners von R. Ditmar), den sie auch lange beibehalten haben. Mit der Zeit entwickelten sie daraus unterschiedliche Varianten mit innovativen Ausrüstungen. Es gab dann Brenner, deren Galerie und Korb miteinander mit einem Scharnier verbunden waren, um die Lampe bei aufgeklappter Kappe anzuzünden, ohne den Zylinder abzunehmen. Andere Versionen verfügten über ausgesägte Fenster an ihrem Korb, um ein brennendes Zündholz von der Seite einzuführen. Wiederum andere Brenner verfügten über eine Brennerkappe ganz aus Glas, um die Lichtausbeute zu verbessern. Manche Brenner hatten schon einen Flammenlöscher; andere besaßen spezielle seitliche Rohre, um das Petroleum einzufüllen. Mit der Zeit kam eine erstaunliche Vielfalt an amerikanischen Flachbrennern zustande. Eine gute Übersicht findet man bei der Website von Dan Edminster aus Hurleyville, New York: www.thelampworks.com.

Neben den Flachbrennern mit einem Docht gab es auch Duplex-Brenner nach englischem Vorbild, allerdings in größeren Dimensionen und mit breiteren Dochten. Die amerikanischen Duplex-Brenner sind in ihrem Aufbau den britischen Duplex-Brennern analog; oft sind sie auch mit einem Löscher ausgestattet. Einige von ihnen verfügen sogar über zwei unterschiedliche Gewindegrößen, um bei zwei unterschiedlichen, in der Größe entsprechenden Vasenringen eingesetzt werden zu können.

Die große Revolution kam 1884, als Rochester Lamp Co. einen Zentralluftzug-Brenner mit einer völlig neuartigen Flammscheibe vorstellte. Diese Flammscheibe mit ihrer „Fingerhut“-Form und mit vielen kleinen Löchern an ihrer Wand hatte gar keine Ähnlichkeit mit den bis dahin üblichen Flammscheiben aus einer flachen Scheibe auf einem Stift oder Rohr. Die Urahn der späteren „Hut-auf-Siebrohr“-Flammscheiben war geboren! Für die Beschreibung dieser innovativen Erneuerung siehe Flammscheiben-Brenner - Amerikanische Fingerhut-Flammscheibe mit vielen Löchern.

Die anschließend ab ca. 1885 entwickelten Rundbrenner hatten gar keine Ähnlichkeit zu deutschen oder französischen Rundbrennern.Die jetzt entwickelten Rundbrenner hatten gar keine Ähnlichkeit zu deutschen oder französischen Rundbrennern, auch nicht den britischen Duplex-Brennern. Sie sind in ihrer Technik eher mit den belgischen Brennern zu vergleichen, denn die Grundzüge sind frappierend ähnlich: Der Petroleumtank ist fast immer aus Metallblech konstruiert, mit einem breiten Rohr in der Mitte, um den Luftzug von unten zu gewährleisten. Fast alle Lampen in dieser Ära sind Zentral-Luftzugslampen. Entweder ist die gesamte Lampe aus Metall ausgeführt, wobei nicht selten die Vase auch gleichzeitig der Petroleumbehälter ist, oder mit einer Kombination von Glasvase und Metallfuß angefertigt, mit dem metallenen Petroleumtank versteckt in der Glasvase.

Der Docht ist ein ausgesprochener Schlauchdocht, der um das mittlere Luftrohr umwickelt ist (völlig parallel zu den belgischen Brennern). Der Korb des Brenners ist auf das mittlere Rohr mit dem Docht aufgesetzt. Diese Art von Brennern hat immer eine Flammscheibe, die zum Teil völlig anders aussehen kann als die europäischen Flammscheiben. Die amerikanischen Exemplare gehören fast ausnahmslos zum Typus mit der breiteren Siebröhre; sie sitzen also auf dem mittleren Luftrohr der Lampe, sind jedoch um einiges größer als die Europäischen. Für uns Europäer ist die immens große Formenvielfalt dieser Flammscheiben überraschend. Es kommt oft vor, dass der gleiche Lampenhersteller im Laufe seiner Firmengeschichte mehrere Flammscheiben für fast gleiche Lampen entwickelt und in den Markt geführt hat. Da diese Flammscheiben auch oft Patentdaten tragen, vermute ich, dass sich der Konkurrenzkampf der amerikanischen Lampenhersteller eher auf diesem technischen Gebiet ausgetobt hat. Immerhin ist dadurch eine ziemlich genaue Datierung einer Lampe möglich, sofern man das Buch „Center-Draft Kerosene Lamps“ von J. W. „Bill“ Courter in den Händen hat.

Eine Besonderheit der amerikanischen Lampen ist, dass sie kein Logo auf ihrem Dochtrad tragen. Das Dochtrad ist entweder nur dekorativ geschmückt, oder trägt die Bezeichnung „Made in America“ oder Ähnliches (siehe oben). Die Herstellerfirma hat sich dafür viel öfter auf der Flammscheibe „verewigt“, kombiniert mit den vorangegangenen Patentdaten. Manche Firmen haben ihren Namen auf dem oberen Teil des Petroleumbehälters angebracht, denn dieser Teil ist immer sichtbar, auch wenn der Rest des Behälters in der Glasvase versteckt liegt.

Die nächsten zwei Sammelfotos von meinen 10 Zentralluftzug-Lampen zeigen eindrucksvoll, wie unterschiedlich die Formen der Flammscheiben sein können. Manche tragen bis zu 5 Patentdaten.

 

Einige Flammscheiben der amerikanischen Zentral-Luftzugslampen mit ihren Patentangaben (obere Reihe: Flammscheiben von oben)
Von links: Royal – Fostoria – Consolidated (Brenner bei allen drei Lampen: Plume & Atwood) – Bristol – Bradley & Hubbard
Korrektur: Das letzte Patentdatum auf der letzten Flammscheibe soll richtig heißen: 15-10-1889.

 

Weitere Flammscheiben der amerikanischen Zentral-Luftzugslampen mit ihren Patentangaben (obere Reihe: Flammscheiben von oben)
Von links: New Rochester – Rochester – E. Miller (Miller Lamp) – E. Miller (Vestal Lamp) – Matthews & Willard

 

Eine weitere Besonderheit der amerikanischen Lampen ist, dass deren Dochttrieb nicht immer ein Dochtrad aufweist. Die früheren Versionen haben einen senkrechten Stift, der mit dem Docht in Verbindung steht und dessen oberes Ende aus dem Petroleumtank (nicht aus dem Brenner selbst!) herausragt. Man kann durch Herausziehen oder Herunterdrücken dieses Stifts den Docht entsprechend nach oben oder nach unten bewegen. Manchmal haben diese Stifte doch ein Rändelrad an ihrem Schaft, um die Bewegung des Stifts zu erleichtern. Später hat man diesen Stift-Mechanismus zugunsten eines Dochtrades aufgegeben. Aber auch das Dochtrad funktioniert anders als die gewöhnlichen europäischen Exemplare; er muss ja den Schlauchdocht um das zentrale Luftrohr herum bewegen. Darum muss er oft einen inneren metallischen Zylinder bewegen, der durch kleine Krallen in den Docht greift und diesen mitzieht wenn er bewegt wird. Das Dochtrad kann waagerecht oder schräg angeordnet sein, je nach der spezifischen Mechanik.

 

Einige Dochttrieb-Arten bei amerikanischen Zentralluftzug-Brennern
Von links: Dochtrieb mit Zahnstange und Drehrad (Fostoria)
Dochtrieb mit Zahnstange und Drehrad (E. Miller – Miller Lamp)
Dochttrieb mit einfacher Stange (Bradley & Hubbard)
Dochttrieb mit schräg gelegtem Dochtrad (New Rochester)

 

Die Größe der amerikanischen Petroleumbrenner wird nicht mit der europäischen „Linie“ angegeben; die Brenner und die passenden Glaszylinder sind einheitlich durchnummeriert. Es gibt die Größen 0, 1, 2 und 3, wobei die Größe 0 selten vorkommt. Je größer die Zahl, umso größer ist der Brenner. Die am häufigsten eingesetzte Größe ist wohl die Nr.2 (in USA wird Nummer oft mit dem Zeichen # abgekürzt; #2 entspricht also zu Nummer 2).

 

USA-Brenner Vasenring Gewinde-Durchmesser Dochtbreite Kragenweite Glaszylinder
  Zoll mm Zoll mm Zoll mm
Flach #0 11/16 17,5 1/2 13 2 1/8 54
Flach #1 7/8 22 5/8 16 2 1/2 63
Flach #2 1 1/4 32 1 26 3 76
Flach #3 1 3/4 46 1 1/2 38 3 76
Zentral-Luftzug #2 Keine Angabe, da nur eigene Brenner installiert sind 45 Schlauchdocht 40 mm Durchmesser 2 3/5 67

Größentabelle der gängigsten amerikanischen Flach- und Zentral-Luftzug-Brenner

 

Die amerikanischen Brenner, egal ob Flachbrenner oder Rundbrenner mit zentralem Luftzug, haben drei unterschiedliche Ausführungen an ihrer Galerie, um den Glaszylinder festzuhalten:
a) 4 hohe, federnd gelagerte Stege (die häufigste Art; im Amerikanischen „prong burner“ genannt);
b) eine den europäischen Galerien ähnliche Galerie mit Zacken rundum (im Amerikanischen „coronet burner“ genannt);
c) eine angedeutete Galerie wie die Art b), aber zusätzlich mit kleinen Schrauben, um den Zylinder festzuhalten, der unten einen nach außen gelippten Kragen hat (frühe Art, selten).

Die verwendeten Glaszylinder haben die Bauchform wie die Wiener Bauchzylinder und werden in den oben wiedergegebenen Dimensionen bis heute hergestellt, tragen jedoch – genau wie die neu hergestellten europäischen Gläser – keine Marke. Man kann sie in 2-3 unterschiedlichen Höhen und auch mit unterschiedlichem Bauch-Durchmesser kaufen. Alte, gemarkte Zylinder sind leider extrem selten und erreichen entsprechend hohe Preise.

 

Schirme und Schirmhalter

Die amerikanischen Lampen trugen oft einen Glasschirm, ähnlich zu unserem Vesta-Schirm, jedoch wiederum in einer eigenen Form. Der untere Rand des Schirms trägt bei älteren Schirmen keinen Kragen, sondern ist glatt geschnitten wie ein Rochester-Schirm, und der obere Halsbereich ist nicht wie eine Tulpe gestaltet, sondern mit einem wulstigen, gedrungenen, glatt geschnittenen Teil ausgestattet, der trotzdem einhändiges Abnehmen und Aufsetzen des Schirms ermöglicht. Diese Schirme sind entweder aus opakweißem oder leicht farbigem Glas, oder sind handbemalt, wobei bestimmte Varianten eine Innenbemalung aufweisen, die umso schöner zum Erscheinen kommt, wenn die Lampe angezündet ist. Später wurden Vesta-Schirme mit einem dezidierten Kragen gebräuchlicher. Die Schirme der sog. „Gone with the wind“-Lampen (siehe unten) waren vielfach Kugelschirme aus bemaltem, opakweißem Glas. Tulpen kommen sehr viel seltener vor; sie wurden fast nur bei den Gaslampen verwendet.

 

Die typischen Rochester- und Vesta-Schirme aus USA

 

Eine weitere Besonderheit der amerikanischen Lampen ist ihr Schirmhalter. Alte wie neu hergestellte Schirmhalter für Vesta- oder Rochester-Schirme haben oft keinen Außenreif wie bei den europäischen Schirmreifen ; die drei Messingstäbe, die bei den europäischen Schirmreifen den Außenring tragen, in den man den Vesta-Schirm einsetzt, ersetzen bei den amerikanischen Exemplaren diesen äußeren Reif; ihre Enden sind nach oben gebogen; man setzt den Glasschirm einfach auf diese Stabsenden. Es gibt allerdings auch die herkömmlichen Schirmreife. Die Größen der Schirme ist wohl standardisiert: es gibt 7 Zoll (knapp 180 mm) und 10 Zoll (250 mm) Durchmesser. Die Schirme zu Hängelampen haben 14 Zoll (360 mm) Durchmesser.

 

Die „Gone with the wind“-Lampen

Nun ist es an der Zeit, etwas über eine Variante der amerikanischen Lampen zu erzählen, über die sogenannten „Gone with the wind“-Lampen, bei eBay USA oft mit „GWTW“ abgekürzt. Viele von Ihnen kennen bestimmt den legendären amerikanischen Film „Gone With The Wind“ (auf Deutsch „Vom Winde Verweht“), basierend auf dem gleichnamigen Roman, der eine Liebesgeschichte vor dem breiten, historischen Hintergrund des amerikanischen Bürgerkrieges von 1861-1865 erzählt. Die Protagonisten sind sehr reiche Plantagenbesitzer des Südens (der Bürgerkrieg war ja ausgebrochen, um die Abspaltung der südlichen Staaten aus der amerikanischen Union zu verhindern und auch die Menschensklaverei im amerikanischen Süden zu beenden). Die Behausungen dieser reichen Schicht sind oft palastartige Domizile, mit entsprechend reichem, wertvollem Mobiliar. Die Filmemacher wollten in den Innenraum-Kulissen des Films in Übereinstimmung mit dem übrigen Interieur reich verzierte, herrschaftliche Petroleumlampen einsetzen. Es gab jedoch in der Zeit des Bürgerkrieges nur sehr einfache Lampen, die optisch nicht mit dem übrigen, reichen Haushalt mithalten konnten. Kurzerhand haben die Filmemacher entschieden, anstatt der authentischen, aber sehr einfachen Lampen die glamourösen, vielfach ausgeschmückten, bunt bemalten, großen Salonlampen des ausgehenden 19. Jahrhunderts zu benutzen. Diese Lampen entsprachen zwar keineswegs denen der Bürgerkriegszeit, aber erfüllten im Film ihre Aufgabe eines sehr luxuriösen Interieurs. Seitdem werden (zumindest im Volksmund) solche Lampen „Gone with the wind“-Lampen genannt, weil sie durch diesen Film sehr berühmt und zur Sammlerware wurden.

Diese „Gone with the wind“-Lampen unterscheiden sich von den übrigen Lampen durch ihre großen Dimensionen, ihre überaus reiche, bunte Bemalung und die Tatsache, dass der Glasschirm und die Glasvase identische Motive aufwiesen. Der Lampenkörper ist häufig von einer recht großen, oft ausladend breiten Glasvase bestimmt, die auf einem Metallfuß platziert ist, der üblicherweise aus einem aufwändig gestalteten, mehrfach ornamental durchbrochenen Eisenguss besteht. In der mächtigen Glasvase ist der Petroleumtank aus Messingblech eingesteckt. Die Größe dieser Metallbassins (im amerikanischen heißt es „oil pot“) scheint standardisiert zu sein; der Durchmesser des unteren, zylindrischen Teils ist meistens 5 Zoll (12,8 cm). Dadurch ergibt sich aber ein Problem: Eine „Gone with the wind“-Lampe kann man gegebenenfalls mit Bassins und Brennern einer völlig anderen Firma bestücken, und damit verliert man die Identifizierungsmöglichkeit der Lampe vollständig, falls keine Abkürzungen des Lampenherstellers unter dem Sockel der Lampe eingeprägt sind.

Der dazugehörige  Glasschirm ist entweder eine große Glaskugel aus opakweißem Glas (bis zu 28 cm groß im Durchmesser) oder ein Vesta-ähnlicher, breiter Schirm (über dessen Form siehe oben). Glasvase und Schirm waren mit gleichen Motiven fast flächendeckend bemalt. Große Blumen und Blätter waren beliebte Motive, die gar vor einem in Kontrastfarben bemalten Hintergrund standen. Diese großformatige, für unser heutiges Empfinden sehr kunterbunte, „kitschige“ Bemalung gab den Lampen eher das Aussehen eines Blumenarrangements; die funktionale Aufgabe der Lampe trat etwas zurück.

 

Beispiele für „Gone with the wind“-Lampen (aus den Katalogen von Consolidated 1901 und Fostoria 1904)

 

Das Problem eines fehlenden Glasschirms ist natürlich bei den „Gone with the wind“-Lampen am größten, denn die „Essenz“ dieser Lampen, ihr kulturhistorischer und Sammlerwert besteht ja darin, dass die einheitlich bemalten Teile (das heißt Glasvase und Glasschirm) komplett erhalten sind. Ist der Schirm zerbrochen oder verlorengegangen, kann man ihn nicht mit einem anderen Schirm ersetzen, da die Bemalung nicht übereinstimmt. Ist dagegen eine solche Lampe wirklich komplett erhalten und sogar nicht einmal elektrifiziert, also noch vollständig im originalen Zustand, dann kann ihr Preis wirklich recht hoch sein. Solche unzerstörten Lampen kommen bei eBay seltener vor. Vermutlich werden solche hochwertigen Lampen eher im guten Antiquitätshandel oder in Auktionen angeboten.

 

Andere Merkmale

Abgesehen von oben geschilderten Formen gab es natürlich auch andere Formen in Amerika. Eine bei eBay USA einigermaßen häufig auftretende Form hat eher eine Säulengestalt, wobei die Säule nicht aus einer einfachen messingenen Säule besteht, sondern zum Beispiel sehr verspielt ausgeführtes, eventuell mit Putti bereichertes Rankenwerk darstellen kann. Dieses Gebilde trägt oben einen entsprechend aufwändig angefertigten, mehrfach durchbrochenen Metallkorb, in den man wiederum den metallenen Petroleumtank einsetzt. Solcherart ausgeführte, hohe „Säulenlampen“ tragen fast ausschließlich eine bemalte Kugel aus opakweißem, bisweilen mit Putto-Gesichtern etc. geprägtem Glas.

Eine sehr häufig zu findende Lampe ist die amerikanische Aladdin-Lampe von The Mantle Lamp Co. Diese Lampen besitzen einen recht großen Petroleumbrenner und verwenden einen Glühstrumpf. Sie sind die einzigen Glühstrumpf-Lampen, die ohne Druck und Vergaser funktionieren und noch heute hergestellt werden, allerdings nicht mehr in den USA, sondern in Südostasien, wohl aus Kostengründen. Es gibt eine immens große Sammlergemeinde für Aladdin-Lampen in den USA. Die allgemeine Form dieser Lampen ist relativ schlicht: Auf dem runden Fuß mit ihrer gedrungener Säule sitzt der Petroleumtank. Die Lampe kann ganz aus Glas oder aus Metall bestehen; gemischte Formen sind seltener. Der Glasschirm für diese Lampe ist ausnahmslos ein Vesta-ähnlicher Schirm, der jedoch unterschiedliche Formen annehmen kann. Hier gibt es keine Grenzen zur Fantasie.

Weitere, selten zu findende und mit hohen Preisen angebotene Lampen sind die amerikanischen Hängelampen, die ihren europäischen „Schwestern“ kaum ähneln. Ihr Merkmal ist der große (14 Zoll = 360 mm Durchmesser) bemalte Glasschirm, der oben keinen Hals wie der europäische Rochester-Schirm hat, sondern einen kronenähnlichen Kragen aus dekorativ gestanztem Eisenring trägt, der golden bemalt ist. Diese Hängelampen haben oft einen Glasbehang aus geschliffenen Kristallgläsern und anderes, buntes Zierrat wie farbige Glascabochons und desgleichen mehr, um dem damaligen amerikanischen Geschmack zu genügen.

Wenn man überlegt, dass US-Amerikaner eine sehr große Nation sind, und das Land nach dem inneren Bürgerkrieg noch nie eine flächendeckende Kriegszerstörung erlebt hat, dann muss man zwangsläufig annehmen, dass das Angebot mit allen Formen der amerikanischen Petroleumlampen an sich riesig sein muss. Stöbert man bei eBay USA, indem man „oil lamp“ als Suchbegriff eingetippt hat, dann muss man allerdings überrascht konstatieren, dass diese Annahme nicht stimmt. Neben den oft anzutreffenden einfachen Lampen mit ihren archaischen Flachbrennern gibt es zwar auch einige größere Lampen, sogar manchmal die reich bemalten „Gone with the wind“-Lampen, aber oft ohne den passenden Schirm und leider sehr oft elektrifiziert. Das ist ein Übel, denn für die Elektrifizierung der Lampen, die vermutlich recht früh, also kurz nach Einführung des flächendeckenden Stromnetzes geschah, musste man keine Glasvasen oder Petroleumtanks bohren, denn das Luftzugsrohr bot ja eine bequeme Möglichkeit, das Stromkabel nach oben zu führen, aber leider Teile des Brenners oder zumindest die Original-Flammscheibe entfernen und entsorgen. Man brachte die nötige Glühbirnen-Fassung oben am Luftrohr durch festes Löten oder Einschrauben an. Unten am Metallfuß ist oft ein rundes Loch gebohrt worden, um den elektrischen Schalter zu befestigen. Damit sind solche Lampen in meinen Augen für Petroleumbetrieb fast unrettbar verloren, denn für eine fachgerechte Zurückverwandlung müsste man den passenden Rundbrenner zu der Lampe finden und erwerben, sofern man überhaupt weiß, welches Fabrikat er war (ich hatte ja erwähnt, dass die Firma oft nur auf der Flammscheibe bezeichnet war). Diese späten, technisch ausgereiften Brenner werden aber sehr selten angeboten, während die einfachen Flachbrenner der früheren, einfachen Lampen sehr oft auftauchen. Ich glaube sogar, sie werden immer noch hergestellt.

Eine bei eBay erstandene, aber nicht komplette amerikanische Lampe kann man relativ leicht komplettieren, sofern nur Glaszylinder, Schirmhalter oder Docht aufzutreiben sind. Diese Teile werden neu hergestellt und auch in online-Versandhandel angeboten. Glasschirme gibt es auch genügend im Angebot, jedoch solche, die sehr oft aus einfarbigem Glas bestehen. Die amerikanischen „Vesta-Schirme“ sind vielfach vertikal oder schräg gerippt bzw. in Fantasieformen gepresst. Diese Schirme eignen sich sehr gut für Aladdin-Lampen, können aber auch mit anderen, ganz metallenen Lampen gut kombiniert werden, da keine Vasenbemalung existiert und irgendwelche Richtung zwingend vorgibt.

 

Lampenhersteller

Die wichtigsten amerikanischen Lampenhersteller sind in der nächsten Tabelle alphabetisch aufgelistet (diese Angaben habe ich aus dem Buch „Center-Draft Kerosene Lamps“ von J. W. Courter bezogen). Es fällt auf, dass die US-Lampenhersteller im Gegensatz von europäischen Herstellern ihre Lampen mit Handelsnamen versehen haben.

Firma Ort (Bundesstaat) Zeit Bekannteste Lampen
Bradley & Hubbard Manufacturing Co. Meriden (Connecticut) 1852-1940
(1940 Übernahme durch Charles Parker Co.)
Rayo-Lampen
Bridgeport Brass Co. Bridgeport (Connecticut) 1865-? Leader Student-Lampen
Bristol Brass & Clock Co. Bristol (Connecticut) 1850-1911 -
Charles Parker Co. Meriden (Connecticut) 1850 bis ca. 1957 Parker-Lampen
Edward Miller & Co. Meriden (Connecticut) 1845 bis heute Juno-, Miller-und Vestal-Lampen
Holmes, Booth & Haydens Waterbury (Connecticut) 1853-1912 -
Manhattan Brass Co. New York City (New York) 1865-1926 Perfection Student-Lampen
Mantle Lamp Co. Chicago (Illinois); ab 1949 Nashville (Tennessee) 1908 bis heute Aladdin-Lampen
Matthews & Willard Mfg. Co. Waterbury (Connecticut) 1890-1903 -
Pittsburgh Lamp, Brass & Glass Co. Pittsburgh (Pennsylvania) 1900-1926 Success-Lampen
Plume & Atwood Manufacturing Co. Waterbury und Thomaston (Connecticut) 1869 bis Ende der 1950’er Jahre Royal-Lampen
Rochester Lamp Co. Rochester (New York) 1884-1905 Rochester-Lampen

 

Folgende Glasmanufakturen haben vorwiegend die pompösen „Gone with the wind“-Lampen hergestellt, die hauptsächlich durch ihre schön bemalten Vasen und Schirme Berühmtheit erlangt haben. Diese Glasmanufakturen haben die Brenner oft von anderen Lampen- und Brennerherstellern wie Edward Miller oder Plume & Atwood bezogen.

Firma Ort Zeit
Consolidated Lamp & Glass Co. Fostoria (Ohio); ab 1896 Coraopolis (Pennsylvania) 1893-1963
Fostoria Glass Co. Fostoria (Ohio); ab 1891 Moundsville (West Virginia) 1887-1986
Fostoria Lamp & Shade Co. Fostoria (Ohio) 1890-1893
(1893 Übernahme durch Consolidated Lamp & Glass Co.)